Die Kaiserslauterer Professorin für Sozio-Informatik, Katharina Zweig, fordert eine „demokratisch legitimierte Kontrolle“ von Algorithmen im Internet und in sozialen Medien. „Wir brauchen einen Algorithmen-TÜV“, erklärte sie bei einem Symposium der EKHN-Stiftung in der Frankfurter Goethe-Universität.
Computerprogramme, mit denen das Verhalten von Personen vorhergesagt werden solle, könnten die menschliche Urteilskraft entbehrlich machen und dazu führen, dass die Gesellschaft sich zu sehr auf sie verlasse. Dies gehe weit über den individuellen Zuschnitt von Werbebotschaften im Internet hinaus.
Als Beispiel führte Zweig die Justiz des US-Bundesstaats Oregon an, deren Rechtsprechung in Strafsachen sie mit ihren Studenten analysiert habe. Dort errechneten Computerprogramme die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Straftäter erneut straffällig werde. Die Höhe der Wahrscheinlichkeit beeinflusse wiederum die Höhe des Strafmaßes. „In Algorithmen sind Menschenbilder eingefroren – aber nicht immer die richtigen“, klagte Zweig.
Algorithmen entschieden aber über die Zukunft der Menschen. „Algorithmen können jemandem einen Flug verweigern, einen Kredit, ein Visum oder ein bestimmtes Bildungsangebot.“ Die Wissenschaftlerin kritisierte, es gebe keine Partei, die sich ernsthaft mit dem Thema befasse. Sie forderte die Kirchen auf, bei der Diskussion über Algorithmen eine aktive Rolle zu übernehmen.
Das Symposium der EKHN-Stiftung hatte das Thema „Allmacht der Algorithmen? Die digitale Revolution und wie wir sie gestalten“. Die EKHN-Stiftung ist die Kulturstiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Sie fördert laut ihrem Auftrag den Austausch und die Beziehung zwischen christlichem Glauben, der evangelischen Kirche und den anderen kulturellen Formen des gesellschaftlichen Lebens.
Weitere Referenten waren der Chefredakteur des Magazins GEO Christoph Kucklick und der emeritierte Münchner evangelische Theologieprofessor Friedrich Wilhelm Graf.
Mehr zum Thema und zum EKHN-Kongress im Dossier „Algorithmen“.