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Von – 13. Mai 2016

Ungezähmter Geist

Überwindet Grenzen, stiftet Kommunikation: Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes.

Die Taube ist Symbol des Heiligen Geistes. Foto: Colourbox

Die Taube ist Symbol des Heiligen Geistes. Foto: Colourbox

In der gesellschaftlichen Wahrnehmung schafft es Pfingsten im Dreiklang der großen christlichen Feste gerade mal auf einen weit abgeschlagenen letzten Platz.

Die Kirchen kann es freuen, dass sie an Pfingsten, anders als an Weihnachten und Ostern, nicht ankämpfen müssen gegen die inhaltliche Verflachung durch verweltlichende Tendenzen, sondern dem Fest seine ureigenste Gestalt geben können.

Sie nehmen in der Tat – zum Beispiel am Pfingstmontag auf dem Frankfurter Römerberg – die Chance wahr, aus ihren Gotteshäusern herauszukommen und mit den Impulsen des Heiligen Geistes und dem Weltumspannenden der christlichen Botschaft den öffentlichen Raum zu bespielen.

Der bunt gefüllte zentrale Ort der Stadt kann ein Zeichen für die Lebendigkeit des Heiligen Geistes der Geschwisterlichkeit setzen, der keine Grenzen kennt, weder was Nation oder Hautfarbe angeht noch Religion, geschlechtliche Orientierung oder sonst etwas: Denn dieser Heilige Geist ist kein Ungeist der Angst, Ablehnung und Vertreibung, sondern ein Geist des Verbindenden und der Integration, ein Geist der Gemeinschaft und des Zusammenlebens in der Einen Welt.

Das Entgrenzende und Kommunikationsstiftende des Heiligen Geistes ist im Pfingstwunder von Apostelgeschichte 2 beispielhaft Wirklichkeit geworden, als sich Sprach- und Kulturgrenzen prinzipiell durchlässig für die Botschaft von Jesus Christus gezeigt haben.

Das Phänomen ist und bleibt ein Wunder, was heißt: Es ist allein Gottes Erfolg. Aber es ist auch eine Herausforderung für Christen und Christinnen, sich diesem Phänomen ernsthaft zu öffnen, denn das jahrzehntelange gute Einvernehmen zwischen Kirchen und Staat hat hierzulande zu einer gezähmten Religiosität geführt, die brav in Demokratie und Freiheit aufgeht und nicht mehr recht weiß, dass Religion immer auch etwas Unbändiges, Wildes hat, mit dem sie alle vorfindlichen Strukturen in Frage stellt und zu überwinden trachtet – das ist beim Christentum nicht anders als beim Islam.

Pfingsten rückt in den Blick, dass die Eine Welt nicht nur aus internationaler Folklore und Küche besteht, sondern eben auch aus himmelschreiend ungerecht verteilten Lebenschancen. Und da zur christlichen Botschaft unauflöslich die christliche Nächstenliebe gehört, ohne Rücksicht auf die noch in den Köpfen befindlichen Grenzen, zielt der Heilige Geist auf eine geschwisterliche, teilnehmende und teilgebende Lebensweise im Horizont der Einen Welt.

Und die hat vor dem Hintergrund der weltlichen Europa-Hymne mit dem Text „Alle Menschen werden Brüder“ durchaus das Zeug zu einem säkularen Pfingstmotto.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 13. Mai 2016 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe , .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.