Soll die Kirche frömmer werden, sich an dem „festkrallen“, was sie schon hat, sich nicht mehr politisch äußern, sondern aufs „Kerngeschäft“ zusammenschrumpfen? Ganz falsch, meint Antje Schrupp.
Jetzt hilft kein Schönreden mehr: Die Zeiten, als Menschen aus reiner Gewohnheit der Kirche verbunden waren, gehen ihrem Ende entgegen. Christliche Traditionen werden in den Familien kaum noch weitergegeben. In Frankfurt sind Jugendliche, die sich konfirmieren lassen, fast schon eine exotische Minderheit – sie machen grade mal noch 15 Prozent ihres Jahrgangs aus.
Was tun? In den ersten Reaktionen auf die neue Mitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland klang zuweilen die Hoffnung durch, die Kirche könnte sich „klein, aber fein“ schrumpfen.
Bloß: Nicht alles, was klein ist, ist automatisch auch fein. Im schlechten Fall kommt es so, wie es die Frankfurter Allgemeine Zeitung uns Evangelischen empfahl: Dass wir uns an dem „festkrallen“ (sic), was uns noch bleibt, dass wir aufhören, in die säkulare Welt hinein wirken zu wollen (zum Beispiel mit zu viel „Politik“) und uns stattdessen auf das rein Religiöse beschränken, was auch immer das sein soll.
Allerdings: Eine Kuschelkirche für Eingeweihte braucht kein Mensch. Jesus sagte, wir sollten die gute Nachricht aller Welt verkündigen. Aller Welt!
Bloß weil christliche Codes und Rituale nicht mehr breit in der Gesellschaft verankert sind, haben sich die Themen, um die es im Evangelium geht, ja nicht erledigt. Auch das lässt sich vor allem im Kontakt mit Jugendlichen feststellen: Sie haben Sorgen und brauchen „Seelsorge“ (vielleicht könnte man das mal anders nennen), sie haben Ideen und Vorstellungen für ihr Leben, sind auf der Suche nach Sinn und einem Platz in der Gesellschaft. Was bedeutet es, ein Mensch zu sein? Welche Werte sind wichtig? Woher bekommen wir Hoffnung, was tun mit unseren Ängsten?
Die christliche Antwort auf solche Fragen unterscheidet sich von anderen, zum Beispiel von einer auf Nützlichkeit und Effizienz ausgerichteten wirtschaftsliberalen Antwort. Eine kleine, aber feine Kirche müsste sich dieser Differenz nicht nur selbstgerecht vergewissern, sondern engagiert versuchen, sie in die Welt zu tragen.
Das erfordert allerdings ein wirkliches Interesse an den anderen und die Bereitschaft zu Offenheit und Dialog. Wohlfeile Stellungnahmen wie das neue ökumenische Sozialwort tragen da nichts zu bei. Aber eine ehrliche, selbstkritische Haltung und eine christliche Praxis, die die Alltagskultur ernst nimmt und in ihr verankert ist, die macht tatsächlich einen Unterschied. Wie hieß es doch? An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!