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Aktuell

Von – 11. Januar 2014

Das Beste für Ihr Kind: Abtreiben!

Wenn ein Kind unterwegs ist, können sich die Eltern freuen. Aber bitte nicht zu lange. Denn rasch kommen sie unter die Fittiche von Ärzten und kundigen Meinungen. Das tut kaum weh und hat zum Ziel: Das Beste für das Kind.

Falls zum Beispiel bei der einigermaßen verlässlichen Voraussage einer Fruchtwasseruntersuchung „Down-Syndrom“ herauskommt, wissen die Eltern: Jetzt ist das Kind nicht mehr optimal. Na gut, solch eine Untersuchung ist nicht ganz ungefährlich, das die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt steigt.

Neuerdings gibt es aber einen gefahrlosen Blut-und Speicheltest, der außerordentlich kostspielig ist. Nie hätte man erwartet, dass so viele Eltern diesen Preis zahlen würden, sind die Anbieter einige Monate nach Einführung des Tests verblüfft.

Üblich aber ist die Fruchtwasseruntersuchung: Sagt die Mutter „Nein“, kommen Ärzte trotzdem darauf zurück, das hört oft gar nicht auf. Nach einer Überweisung heißt es, obwohl das „Nein“ in den Unterlagen erkennbar ist: „Noch keine Fruchtwasseruntersuchung!“

Woher diese Energie? Ärzte arbeiten an einer fortlaufend zu optimierenden Menschheit, klar. Aber für sie ist es vermutlich nicht nur angenehm, wenn sie von Eltern nach der Geburt attackiert werden: „Sie haben nicht gewarnt!“

Bekommen Sie Zwillinge oder Drillinge?

Verehrte angehende Eltern, sind vielleicht gerade Zwillinge oder Drillinge unterwegs? Dann aufgepasst: Jetzt vervielfacht sich Ihre Chance, zur Eliminierung des Nicht-Perfekten beizutragen. Sind bei Drillingen zwei trisomieverdächtig, lassen sich zwei abtreiben – ah, nein, falsch: Abtreiben geht nicht wegen des dritten noch heranwachsenden Optimalmenschen.

Bremsen lassen die zwei sich trotzdem. So trägt die Mutter im Bauch ein optimales und zwei tote, ähm, gebremste Kinder bis zur Geburt. Wieder ein oder zwei Schritte auf dem Weg hin zu einer Gemeinschaft, die deswegen so friedlich und gemeinschaftlich ist, weil die Freiheit beendet ist, fehlerhaftes Leben zur Welt zu bringen.

Hätte Maria heute abgetrieben? Foto: Büro Magirius

Hätte Maria heute abgetrieben? Foto: Büro Magirius

Bis dieses Zeitalter der Humanität anbricht, gilt es fleißig weiter zu untersuchen, Leben zu verhindern, um besseres Leben zu fördern. Auch Maria hätte sich daran beteiligt. Welche Maria? Ja, genau jene Maria. Nach heutigen Wissenstand hätte sie abgetrieben, lässt die Schriftstellerin Gabriele Wohmann ihre Figur Halina in der Erzählung „Alle Jahre wieder“ überlegen. Aber warum denn? Bei Jesus war doch alles in Ordnung?

Nein, meint Halina, denn heute, behaupteten einige, sei ein Mensch machbar, der es gut hat. „Demnach doch wohl auch ein Typ, der sich garantiert nicht kreuzigen lassen würde. Ich kenne mich nicht so gut aus mit all dem, nur, falls man bei Jesus als Embryo diese Determiniertheit festellen könnte, fände ich es ja fast sogar mütterlich, wenn Maria … oh mein Gott; ich fürchte, ich bin blasphemisch. Und das ist das Letzte, was ich sein will.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 11. Januar 2014 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe .

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Georg Magirius ist Theologe und Schriftsteller und Kolumnist bei "Evangelisches Frankfurt". Mehr unter www.georgmagirius.de.