Es gibt sie noch, abseits der subventionierten Hochkultur in der klassischen Musik, die kleinen, künstlerisch dennoch hochwertigen Veranstaltungsreihen, die die warme Jahreszeit bereichern. Zum Beispiel den „Griesheimer Musiksommer“. Das nächste Konzert ist am 4. August.

Kazumi Ziethen (im Vordergrund) und Rieko Higasa (links) bei ihrem vierhändigen Orgelkonzert in der Segenskirche in Griesheim. Foto: Rolf Oeser
Dank ehrenamtlichen Engagements musikinteressierter Gemeindemitglieder lässt sich auch ein Festival wie der „Griesheimer Musiksommer“ – bei freiem Eintritt sogar – organisieren. Federführend Brigitte Babbe von der Segensgemeinde richtet mit Leidenschaft diese Konzertreihe aus mit Kammermusik, Orgelkonzerten, Liederabenden – eine musikalische Vielfalt, die sich sehen lassen kann. So gelingt es Babbe schon mal, Sängerinnen und Sänger von der Frankfurter Oper in den Ortsteil nahe dem Main zu holen.
Demnächst sind „Klezmers Techter“ zu Gast
Beim nächsten Konzert in der Reihe am Samstag, 4. August, sind „Klezmers Techter“ zu Gast. Um 19 Uhr präsentieren die drei Musikerinnen in der Segenskirche, Alte Falterstraße 6, ein breites Repertoire jiddischer Instrumentalmusik – von traurigen Doinas über stolze Hymnen bis zu ausgelassenen Tänzen.
Ein besonderer Genuss war das Orgelkonzert im Juli mit Rieko Higasa und Kazumi Ziethen an der Sauer-Orgel in der Segenskirche. Das Instrument fristete jahrelang in einer Scheune ein Schattendasein, wurde in der Kirche 1995 aber wieder installiert. Beide Organistinnen sind in Japan geboren und leben seit vielen Jahren in Europa, wo sie auch studierten.
Rieko Higasa ist derzeit Organistin an der Kirche von Saint-Gilles in Belgien. Kazumi Ziethen, die es zu Professor Daniel Roth über Paris nach Deutschland gezogen hat, begleitet seit vielen Jahren die Sonntagsgottesdienste in der Gemeinde Griesheim. Mittlerweile lebt sie mit ihrer Familie in Bad Homburg.
Register der Sauer-Orgel klanglich ausgelotet
Unter dem Leitmotiv „Barock trifft Romantik“ hatten die beiden ein spannendes Programm zusammengestellt, das mit Bach einen klangmächtigen Auftakt hatte. Auf den barocken Übervater folgte ein Werk von Mendelssohn-Bartholdy und mit Jan Pieterszoon Sweelinck ein niederländischer Organist und Komponist. Dessen Fantasia chromatica gilt musikalisch als Verbindungsstück zwischen Renaissance und Barock und wurde mit großem gestalterischen Gestus interpretiert. Cesar Francks gewaltiges Werk Präludium und Fuge ist eine Herausforderung für den Ausführenden und erfordert ein subtiles Vorgehen und Auskosten der Registerfarben, was vortrefflich gelang.
Das von der kompositorischen Anlage her vergleichsweise luftige und leichte Pastorale von Domenico Zipoli, 200 Jahre früher komponiert als das vorangegange Werk, hatte eine eher meditativen Charakter. Nachfolgend interpretierte Kazumi Ziethen die berühmte Marseillaise von Balbastre, bei der sie die kompletten Register der Sauerorgel klanglich auslotete. Eben dies gelang auch Rieko Higasa mit dem „Finale“ von Guilmant, einem der virtuosestenen Organisten des 19. Jahrhunderts, leider aber ein wenig in Vergessenheit geraten. Mit einer vierhändig gespielten Zugabe, bei der die Kräfte noch mal gebündelt wurden, krönten die beiden Künstlerinnen ein auf hohem Niveau angesiedeltes Recital, das die begeisterten Zuhörerinnen und Zuhörer mit Standing Ovations belohnten.